Fahrrad fahren wollen

Letztes Jahr im Herbst, nach dem größten Teil meiner Zivildienstzeit und kurz vor dem Ende meiner Zivildienstzeit, habe ich mir geschickt 10 Tage frei genommen um in dieser langen Woche eine Fahrradtour an der Donau zu unternehmen.

Die Idee dazu kam mir durch mein Interesse an dem Unternehmen Globetrotter. Ein Fachgeschäft für Outdoorbedarf und allgemein gut sortiert in jeder Beziehung. Meine Käufe die sich eher im Kuriosem bewegten als im Sinnvollen, brachten mich zu einer Mitgliedschaft im Globetrotter-Card Club, der mir eine Zeitschrift einhandelte, welche halbjährig erscheint. In einer dieser wirklich interessanten Kombis von Werbung und werberelevanten Berichten fand sich auch ein Erlebnisbericht von einer Kanu / Fahrradtour an der gesamten Donau bis hinunter zum schwarzen Meer. Die Idee an sich ist interessant gewesen und nett zu lesen.
Allein das hätte mich wahrscheinlich nicht dazu gebracht soetwas zu tun, hätte ich nicht schon ein Jahr früher Bemühungen in diese Richtung unternommen. Ich wollte damals mit einem Freund auf dem Rothaarsteig wandern gehen. Das ist ein Stück von hier entfernt am Rande des Sauerlands und wird als ausgezeichnerter Wanderpfad angesehen. Damals war die Entschlossenheit noch nicht so stark, das es wirklich zur Realisierung gereicht hätte. Was dabei rauskam war ein Tag in den späten Sommertagen des Vorjahres in der Eifel. An für sich nichts besonderes und am Ende regnete es stark, aber ich fand die sportliche Herausforderung, die trotzdem nichts übermenschliches abverlangt, sowie die Außergewöhnlichkeit des Themas interessant. Außerdem war ich damals schon ein bisschen in diesen Laden involviert.

Das nächste Mal, das ich den Reiseführer in meinem Schrank zum Rothaarsteig ansah, war dann wohl ungefähr dieses eine Jahr später und ich wollte wohl irgendwas besonderes machen in der Zeit zwischen Studium und Zivi. Diese Besonderheit erfüllte sich dann zunächst mal in einem mondänem Kaufrausch, der in einem Zelt , einer Luftisoschaumstoffmatte, einem Schlafsack und in unendlich vielem Krempel endete, den ich irgendwie auf mein normales Trekking-Bike von Aldi verschnüren musste. Verückt, das mir nicht aufgefallen ist, dass das wichtigste hier doch das Fahrrad war. Bis auf eine neue Schaumstoffummantelung und einer Dusche gönnte ich meinem Rad aber nichts. Nicht mal die Bremsen hab ich erneuert. Wobei ich aus meinem Reiseführer Donauradweg 1. Teil wusste das es eine dauerhaft absteigende Route war , die ohne nennenswerte Steigung auch für Anfänger interessant wäre. Also war es ja nicht so schlimm mit halb ausgeleierter Kette und einer nicht existenten Bremskraft zu fahren.
Da fällt mir gerade ein, das der eine Testlauf vor dem „Abenteuer“ mir noch einen neuen Fahrradständer einbrachte. Die bestimmt 15 Kilogram auf meinem Gepäckträger waren für selbigen zwar kein Problem, jedoch die Fahrradstütze selbst war dem nicht gewachsen, wodurch ich mein Rad nicht abstellen konnte, ohne es festzuhalten. Heute hält mein Fahrradständer 30 Kilogramm aus und hat eine bessere Federung als der Rest des Rades.

Die Einkäufe waren alle beisammen und ich tat eben diese eine Tour zu meinem Kollegen um zu sehen wie es sich mit großem Übergepäck so verhält. Man fährt merklich langsamer und in Kurven längst nicht so flott und behände wie sonst. Neigen ist praktisch unmöglich , oder es fühlte sich zumindest unmöglich an. Ansonsten waren es nur ein paar Stunden fahrt und der Sattel, den ich auch noch gekauft hatte ( es war wohl doch mehr ), war zwar ungewöhnlich schmal aber angenehm zu fahren. Die Reise an sich war also ohne Probleme antretbar.

Morgens um 6 Uhr am Bahnhof. Meine Mutter dabei, mich verabschiedend, wartete ich auf den Regionalexpress. Ich wollte die gesamte Strecke mit diesen Regionalzügen bestreiten, war doch der Sparfaktor dabei enorm. Gleich am Anfang habe ich die falsche Tür genommen und kam nicht mehr schnell genug ins Fahrradabteil, so dass ich mein Fahrrad das erste mal hieven durfte. Richtig schwer, weil man nicht beachtet, dass man, nachdem man die Federung überwunden hatte, auch noch das Fahrrad mit Gepäck tragen musste. Es war wohl auch kurios anzusehen, wie ich mit Capie, Fahrradrucksack, zwei Gepäcktaschen, Zelt, Matte, Schlafsack ect.total übermüdet in diesem RE stand. Einfach fehl am Platz irgendwie.
Die weitere Fahrt über gab es zwei Probleme. Erstens hatte ich immer Angst, dass mein Fahrrad umkippte in den Kurven so, dass ich zunächst das Fahrrad an sich manchmal panikartig im letzten Moment festhielt und später einfach die ganze Zeit „umklammerte“. Zweitens war das häufige Umsteigen an vielen Bahnhöfen äußerst anstrengend. So ein Mega-Schwer-Fahrrad kann man nämlich nicht einfach die Stufen runterfahren lassen. Man muss mit seinem ganzen Gewicht dagegen drücken, damit es nicht runter rauscht und einer alten Rentnerin ins Kreuz. Einmal gab es die Königscombo : 5 Minuten umsteigen und kein Aufzug. Ich war vor meinem Studium auf einem Bahnhof noch nie so am Hetzen wie in diesem Moment.
Die letzte Erwähnbahrkeit war wohl nur noch der letzte RE der mich bis Donaueschingen brachte , kurz vor dem Ziel gab es natürlich ein paar mehr Fahrradfahrer und ich denke die Bahn weiß auch davon, aber trotzdem ist die Maßname nicht etwa ein oder zwei Abteile mehr für Fahrräder anzuhängen, sondern freundlich darauf hinzuweisen die Taschen bzw. das gesamte Gepäck vom Fahrrad abzunehmen, damit noch mehr Fahräder nebeneinander parken konnten, als sonst schon. Schlicht und ergreifend unmöglich, wenn man sich mein Fahrrad ansah. Es handelte sich um ein festes Konstrukt , darauf ausgelegt eben nicht leicht auseinander zu fallen. Dafür hatte aber die Schaffnerin kein Verständnis. Glücklicherweise war ich ja wie erwähnt nicht allein und so wurde die Einzelangriffstaktik der DB durch die gemeinsame Kraft von nörgelnden 40-50 jährigen Eheleuten durchbrochen.

Angekommen in Donaueschingen war es , wie ich mich erinnere , schon später Mittag und ich hatte einen Zeltplatz geplant, ganz in der Nähe des ersten Dorfes auf meiner Route. Diese war von Anfang an ausgeschildert und ich kam zwar dummerweise nicht an die falsche Quelle der Donau vorbei, dafür bin ich aber einen Berg runter und nicht wieder raufgerast.
Ich war da schon fertig von der Zugfahrt und wollte nur in mein Zelt. Meine romantisierten Vorstellungen von einem Zeltplatz waren aber sofort zerplatzt als ich um die Ecke auf das „Familienerlebniszentrum“ Donaueschingens zusteuerte. Ein Badesee mit Badestrand, Kiosk und Restaurant waren an den Schalter für Neue angegliedert. Der Platz selbst war voll mit ganz jungen Menschen oder ganz alten. Ich war allein, so zu sagen. Zum einen natürlich wie ich das wollte, zum anderen umgeben von einer Altersgruppe, die gleichzeitig auch die Zielgruppe charakterisierte, falsch aufgehoben. Ich hab mich von diesem Gedanken wieder schnell losgesagt, aber er schockt natürlich zunächst. Kulturschock für mich.
Die Wiese für Zelter war netterweise direkt am Eigang abgegrenzt von den über neuntausend Wohnmobilen / Wohnwagen, die auf dem Rest des Platzes standen. Ich hab einfach nur mein Zelt aufgebaut und das war allein schon etwas schwierig , weil ich es bis jetzt nur einmal allein aufgebaut habe und das nicht unter Beobachtung von so vielen Menschen. Aufgebaut wars und Zack hatte ich meine Privatsphäre. Ich wollte meinen Gaskocher ausprobieren und schloß ihn an meine Gaskartusche an. Das hatte ich schon zu Hause geübt. Und mir guckte dabei keiner über die Schulter. Es gab weiße Bohnen in roter Sauce. Ich wechselte dabei einmal den Platz der Kocherei, an einen viel zu windigen Ort an einer Camping-Holz Bank, die wohl für alle da war ( kleine Kinder ). Das ganze gelang mir dann endlich an meinem Zelt auf der Wiese, direkt gegessen aus dem Edelstahlbecher. Bahh, aber ich hatte keine Lust noch mehr zu machen. Die Alternative wäre Tomatensuppe, Chinesische Nudelsuppe oder Schokoinstantpudding.
Der Tag für mich war vorbei und es folgte eine sehr kalte Nacht.

2 Gedanken zu „Fahrrad fahren wollen“

  1. Erst einmal muss ich Kritk äußern; wie in Gottes Namen kann man solch einen, nicht unbedingt kurzen, Text verfassen, um ihn dann aprubt enden zu lassen? Unverschämt für die Leserschaft, somit auch für mich, die gerne weiter gelesen hätte!

    Dann möchte ich sagen, dass ich tatsächlich schmunzeln musste, bei der einen oder anderen Textpassage, als ich mir die jeweilige Situation bildlich vorgestellt habe. (Angefangen beim Hieven und Hetzen am Bahnhof, bis zum Umklammern des Fahrrades und dem mühsamen Aufbauen des Zeltes.)

    Zu einem Gedanken möchte ich dich aber gerne mal anregen; schonmal daran gedacht, deinen persönlichen Erfahrungsbericht, als Parodie zum Erlebnisbericht aus dem Globetrotter-Club-Magazin, einfach an diese Zeitschrift zu drucken? Ich denke, dass du mit deiner amüsanteren Erzählweise noch mehr Leute zu so einer Tour animieren kannst, als der Verfasser des vorherigen Berichts. 😉

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  2. Gute Idee 🙂 Der Bericht ist nun zwar schon 2 Jahre alt, glaube ich, aber es wäre sicherlich ein interessantes Format, die wirklich manchmal zu Ernst gefassten Berichte ( zur Zeit einmal durch Australien) amateurhaft und hier in der Nähe nachzuspielen und dann zu berichten, wie es so für den Otto-Normal-Verbraucher ausgegangen ist.

    Zu der Kritik: Es gibt soviele Tempora in der deutschen Sprache 🙂

    Danke für den netten Kommentar.

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