Fahrrad fahren

Ich sollte mir ein Fahrrad kaufen.
Ich sollte einen Zug nach Ulm nehmen.
Ich sollte von da aus meine Fahrradtour zu Ende fahren.
Ich sollte mir eine Wohnung in Dortmund suchen, egal ob Studentenheim oder nicht.
Ich sollte mehr Zeit außerhalb meines Zimmers und der Hörsäle verbringen.
Ich sollte versuchen Menschen, die ich nicht kenne in die Augen zu sehen.
Ich sollte generell mehr auf Menschen achten.
Ich sollte nicht die Umwelt verantwortlich dafür machen, dass es mir schlecht geht.
Ich sollte nicht alleine kochen.
Ich sollte eine Sache in meinem Leben nicht vernachlässigen, wie ich es bis heute getan habe.
Ich sollte die Nachbarn ansprechen im Flur und nicht ignorieren.
Ich sollte den Menschen als etwas sehen was ich bin und akzeptieren dass ich ein Mensch bin und nicht mehr.
Ich sollte den Fakt dass alle Menschen zu jeder Zeit alles erreichen könnten verinnerlichen.
Ich sollte mein Glück nicht von Esoterik abhängig machen.
Ich sollte ehrlicher mit meinen Feststellungen umgehen.
Ich sollte mich an meinen Idealen messen.
Ich sollte weniger an meinen Mitmenschen zweifeln.
Ich sollte kein zu kritisches Urteil gegenüber mir im Zusammenhang mit anderen erstellen.
Ich sollte die Fähigkeiten weniger nicht als Ziel für mich sehen, sondern die Fähigkeiten der meisten.
Ich sollte aufhören zu verallgemeinern.
Ich sollte mir eingestehen, dass ich nicht in der Lage bin alle Möglichkeiten zu betrachten.
Ich sollte mir meine Faulheit eingestehen.
Ich sollte bemerken, dass vieles nur in Relation gilt.
Ich sollte Abstand nehmen von absoluten Meinungen.
Ich sollte die Hand nicht gegen mich selbst richten.
Ich sollte das was ich habe mit aller Macht behalten und nicht mehr loslassen.
Ich sollte aufhören so fatalistisch zu sein.
Ich sollte nicht auf die Wahrscheinlichkeit setzen.
Ich sollte nicht so viel klammern.
Ich sollte mein jetziges Fahrrad so lange wie möglich behalten.
Ich sollte das jetzige Fahrrad als zweites behalten, wenn ich in der Stadt rumfahre.
Ich sollte meine eigene Kapazität nicht unterschätzen.
Ich sollte die Zeit als etwas sehr langes ansehen.
Ich sollte immer an morgen denken.
Ich sollte den Augenblick vergessen um mich auf das gleich freuen zu können.
Ich sollte die Bedeutungsschwere verlieren.
Ich sollte wachsam sein.
Ich sollte weniger beten.
Ich sollte weniger meditieren.
Ich sollte weniger nachdenken.
Ich sollte weniger zweifeln.
Ich sollte weniger schreiben.
Ich sollte weniger üben.
Ich sollte weniger zuhören.
Ich sollte weniger warten.
Ich sollte weniger stehen.
Ich sollte weniger sitzen.
Ich sollte weniger warme Orte aufsuchen.
Ich sollte weniger Bücher lesen.
Ich sollte weniger Musik hören.
Ich sollte weniger müde sein.

Fahrad fahren

Am nächsten Morgen war es überall feucht und vor allem erst halb 8 oder zumindest meiner Meinung zu früh.

Ich ging nach dieser nicht sehr bequemen Nacht erst einmal, nachdem ich mich kläglich in dem zwar nicht kleinen aber zu kleinen Zelt „Zuschauertauglich“ gemacht hatte, in Richtung Kiosk. Eine leidliche Erfahrung, die ich vorher nicht einkalkuliert habe, war dafraufhin mein Frühstück. Das bestand nämlich aus nichts weiter als ein Crossaint und ein Brötchen ohne etwas darauf zusammen mit ein bisschen selbstgekochten Tee. Der war in der selben Tasse zubereitet, wie auch vorher die Bohnen. Obwohl ich versuchte den einfachen Becher gut mit heißem Wasser sauber zu bekommen schmeckte der Tee deutlich tomatiger als sonst. Das ganze war nicht so dramatisch, wollte ich doch eh weiter kommen an diesem Tag, hatte ich mir doch schon am Abend vor der Abreise ein Zimmer für die nächste Nacht in einer der schönsten Jugendherbergen Deutschlands gemietet. Dafür musste ich aber erst einmal weiter als 2 Kilometer von meinem Abfahrtsort kommen.

Das war nicht sonderlich schwierig, waren die ersten Kilometer doch angenehm eben zu befahren. Die einzige Schickane auf dem ersten Stück bestand aus einer Auf- und dann wieder Abfahrt, die sich auf Grund einer Art Straßenbrücker ergab. Dahinter sah man schon das beginnende Donautal. In Kurven, vorbei an alten Scheunen, überholten mich einige andere Fahradfahrer, die allesamt einen etwas professionelleren Eindruck auf mich machen und anscheinend früher als ich unterwegs sein mussten, kamen die doch sicherlich nicht von meinem Campingplatz. Etwas weiter waren die markanten Felswände schon gut zu erkennen, die dieses Stück des Weges markant machen. Was man beobachten konnte, laut meines Bike-Führers, war die Versickerung der Donau an dieser Stelle, was auf Grund des porösen Bodens hier geschieht und tatsächlich konnte ich an einer Stelle die Donau verschwinden sehen.
Unter einer der Brücken, die es hier heufiger gab, floß bisweilen nur noch eine kleine Pfütze. An einer Stelle, wo einige Radler anhielten, hielt ich auch an und ging dann ein bisschen in Richtung wo der Fluß sein sollte, fand aber nur ein absolut trockenes Flußbett, gefüllt mit groben Steinstücken.

Der Weg wurde immer idylischer, sprich steiler und gab jedoch durch die Talform hier ein sehr interessantes Bild ab, da man teilweise keine Zivilisation erahnen konnte. Die Enge des Tals macht es einer Strasse unmöglich, so dass man keine störenden Autos vor oder eher neben sich hat.
Sagte ich steil ? Das beste an diesem Tag war die Übernachtung. Die Burg Wildenstein, auf der ich mir ein Zimmer gemietet hatte, lag eben oberhalb auf einer der „Berge“ die dieses Tal bildeten. Ich meine mich zu erinnern, das an diesem Tag irgendetwas mit Pfadfindern an dieser Stelle passiert ist. Da viele Autos an der Straße, die zu diesem Einod führten, fuhren. Eben diese Straße, die sich in einer Art den Hang hochwandte, das ich unmöglich fahren konnte. Ich schob mein 15 kg Fahrad also geschätzte 2 Stunden diesen Hang hinauf. Es war nur noch anstrengend und es war warm und ich wusste nicht einmal sicher ob es der richtige Weg zur Burg war. Glücklicherweise kam auf halber Strecke ein Rennfahrer hinter mir den Weg hochgestrampelt, den ich nötigte mir zu sagen ob ich denn wenigstens den rechten Weg genommen hatte. Die Anwort war ein glückseeliges Ja. Ich konnte also weiter, der Rennfahrer auch ( verrückter Typ, ich konnte auf der Steigung nichtmal auf mein Fahrad aufsteigen ), und die Straße wurde sogar wieder ein bisschen breiter, was mir und den Autos doppelt Freude bereitete.

Eine besondere Begegnung hatte ich noch mit einem Klosterbewohner und seinem Kumpanen, der den Weg ebenso bestieg wie ich, aber ohne Fahrad. Ein freundlicher Rat auf der anderen Seite zu gehen, weil man da die Autos sieht, wenn sie dir engegen kommen, brachte uns ins Gespräch. Zwar mich und den Kumpanen mehr als mich und dem „Bruder“ aber immerhin. Es stellte sich heraus, das es in der Nähe auch ein Kloster gab und das die beiden eine Wanderung hinter sich hatten. An der Jacobsmuschel auf dem Rucksack des einen konnte ich erkennen, das ich es hier mit ausgewachsenen Pilgern zu tun hatte. Ein schönes Gefühl der Gemeinsamkeit umfängt einen da, vor allem wenn man daran zurück denkt, da man mit den Strapazen zu der Zeit eher weniger daran gedacht hatte, sondern eher wie ich zu dieser Burg komme.
Die beiden konnten mir noch einen Tipp geben wo ich abbiegen musste und verschwanden dann auf einen Waldpfad , der sie zu ihrem Kloster brachte. Die letzten Meter konnte ich sogar Fahrad fahren und dann kam ich zum Schloss, zur Burg, zur schönsten Jugendherberge die ich mir überhaupt vorstellen konnte.
Ich bekam von der Leitung 6 Schlüssel für alles mögliche , das halbe Versprechen, das ich vermutlich allein bleiben würde auf meinem 3-Bett Zimmer und den Hinweis das man hier auch warm zu Abend-Essen konnte. Mit dem Gedanken an ein richtiges warmes Essen buchte ich die 7 Euro Malzeit dazu und war glücklich. Ich hatte eine Dusche, ich hatte die Sonne, einen unglaublich genialen Blick auf das Tal, warmes Essen, Ausblick auf ein Frühstück und vor allem ein weiches Bett. War ich glücklich zu der Zeit 🙂

( Wen es interessiert,hier die Website, der Jugendherberge:
http://leibertingen-wildenstein.jugendherberge-bw.de )

Fahrrad fahren wollen

Letztes Jahr im Herbst, nach dem größten Teil meiner Zivildienstzeit und kurz vor dem Ende meiner Zivildienstzeit, habe ich mir geschickt 10 Tage frei genommen um in dieser langen Woche eine Fahrradtour an der Donau zu unternehmen.

Die Idee dazu kam mir durch mein Interesse an dem Unternehmen Globetrotter. Ein Fachgeschäft für Outdoorbedarf und allgemein gut sortiert in jeder Beziehung. Meine Käufe die sich eher im Kuriosem bewegten als im Sinnvollen, brachten mich zu einer Mitgliedschaft im Globetrotter-Card Club, der mir eine Zeitschrift einhandelte, welche halbjährig erscheint. In einer dieser wirklich interessanten Kombis von Werbung und werberelevanten Berichten fand sich auch ein Erlebnisbericht von einer Kanu / Fahrradtour an der gesamten Donau bis hinunter zum schwarzen Meer. Die Idee an sich ist interessant gewesen und nett zu lesen.
Allein das hätte mich wahrscheinlich nicht dazu gebracht soetwas zu tun, hätte ich nicht schon ein Jahr früher Bemühungen in diese Richtung unternommen. Ich wollte damals mit einem Freund auf dem Rothaarsteig wandern gehen. Das ist ein Stück von hier entfernt am Rande des Sauerlands und wird als ausgezeichnerter Wanderpfad angesehen. Damals war die Entschlossenheit noch nicht so stark, das es wirklich zur Realisierung gereicht hätte. Was dabei rauskam war ein Tag in den späten Sommertagen des Vorjahres in der Eifel. An für sich nichts besonderes und am Ende regnete es stark, aber ich fand die sportliche Herausforderung, die trotzdem nichts übermenschliches abverlangt, sowie die Außergewöhnlichkeit des Themas interessant. Außerdem war ich damals schon ein bisschen in diesen Laden involviert.

Das nächste Mal, das ich den Reiseführer in meinem Schrank zum Rothaarsteig ansah, war dann wohl ungefähr dieses eine Jahr später und ich wollte wohl irgendwas besonderes machen in der Zeit zwischen Studium und Zivi. Diese Besonderheit erfüllte sich dann zunächst mal in einem mondänem Kaufrausch, der in einem Zelt , einer Luftisoschaumstoffmatte, einem Schlafsack und in unendlich vielem Krempel endete, den ich irgendwie auf mein normales Trekking-Bike von Aldi verschnüren musste. Verückt, das mir nicht aufgefallen ist, dass das wichtigste hier doch das Fahrrad war. Bis auf eine neue Schaumstoffummantelung und einer Dusche gönnte ich meinem Rad aber nichts. Nicht mal die Bremsen hab ich erneuert. Wobei ich aus meinem Reiseführer Donauradweg 1. Teil wusste das es eine dauerhaft absteigende Route war , die ohne nennenswerte Steigung auch für Anfänger interessant wäre. Also war es ja nicht so schlimm mit halb ausgeleierter Kette und einer nicht existenten Bremskraft zu fahren.
Da fällt mir gerade ein, das der eine Testlauf vor dem „Abenteuer“ mir noch einen neuen Fahrradständer einbrachte. Die bestimmt 15 Kilogram auf meinem Gepäckträger waren für selbigen zwar kein Problem, jedoch die Fahrradstütze selbst war dem nicht gewachsen, wodurch ich mein Rad nicht abstellen konnte, ohne es festzuhalten. Heute hält mein Fahrradständer 30 Kilogramm aus und hat eine bessere Federung als der Rest des Rades.

Die Einkäufe waren alle beisammen und ich tat eben diese eine Tour zu meinem Kollegen um zu sehen wie es sich mit großem Übergepäck so verhält. Man fährt merklich langsamer und in Kurven längst nicht so flott und behände wie sonst. Neigen ist praktisch unmöglich , oder es fühlte sich zumindest unmöglich an. Ansonsten waren es nur ein paar Stunden fahrt und der Sattel, den ich auch noch gekauft hatte ( es war wohl doch mehr ), war zwar ungewöhnlich schmal aber angenehm zu fahren. Die Reise an sich war also ohne Probleme antretbar.

Morgens um 6 Uhr am Bahnhof. Meine Mutter dabei, mich verabschiedend, wartete ich auf den Regionalexpress. Ich wollte die gesamte Strecke mit diesen Regionalzügen bestreiten, war doch der Sparfaktor dabei enorm. Gleich am Anfang habe ich die falsche Tür genommen und kam nicht mehr schnell genug ins Fahrradabteil, so dass ich mein Fahrrad das erste mal hieven durfte. Richtig schwer, weil man nicht beachtet, dass man, nachdem man die Federung überwunden hatte, auch noch das Fahrrad mit Gepäck tragen musste. Es war wohl auch kurios anzusehen, wie ich mit Capie, Fahrradrucksack, zwei Gepäcktaschen, Zelt, Matte, Schlafsack ect.total übermüdet in diesem RE stand. Einfach fehl am Platz irgendwie.
Die weitere Fahrt über gab es zwei Probleme. Erstens hatte ich immer Angst, dass mein Fahrrad umkippte in den Kurven so, dass ich zunächst das Fahrrad an sich manchmal panikartig im letzten Moment festhielt und später einfach die ganze Zeit „umklammerte“. Zweitens war das häufige Umsteigen an vielen Bahnhöfen äußerst anstrengend. So ein Mega-Schwer-Fahrrad kann man nämlich nicht einfach die Stufen runterfahren lassen. Man muss mit seinem ganzen Gewicht dagegen drücken, damit es nicht runter rauscht und einer alten Rentnerin ins Kreuz. Einmal gab es die Königscombo : 5 Minuten umsteigen und kein Aufzug. Ich war vor meinem Studium auf einem Bahnhof noch nie so am Hetzen wie in diesem Moment.
Die letzte Erwähnbahrkeit war wohl nur noch der letzte RE der mich bis Donaueschingen brachte , kurz vor dem Ziel gab es natürlich ein paar mehr Fahrradfahrer und ich denke die Bahn weiß auch davon, aber trotzdem ist die Maßname nicht etwa ein oder zwei Abteile mehr für Fahrräder anzuhängen, sondern freundlich darauf hinzuweisen die Taschen bzw. das gesamte Gepäck vom Fahrrad abzunehmen, damit noch mehr Fahräder nebeneinander parken konnten, als sonst schon. Schlicht und ergreifend unmöglich, wenn man sich mein Fahrrad ansah. Es handelte sich um ein festes Konstrukt , darauf ausgelegt eben nicht leicht auseinander zu fallen. Dafür hatte aber die Schaffnerin kein Verständnis. Glücklicherweise war ich ja wie erwähnt nicht allein und so wurde die Einzelangriffstaktik der DB durch die gemeinsame Kraft von nörgelnden 40-50 jährigen Eheleuten durchbrochen.

Angekommen in Donaueschingen war es , wie ich mich erinnere , schon später Mittag und ich hatte einen Zeltplatz geplant, ganz in der Nähe des ersten Dorfes auf meiner Route. Diese war von Anfang an ausgeschildert und ich kam zwar dummerweise nicht an die falsche Quelle der Donau vorbei, dafür bin ich aber einen Berg runter und nicht wieder raufgerast.
Ich war da schon fertig von der Zugfahrt und wollte nur in mein Zelt. Meine romantisierten Vorstellungen von einem Zeltplatz waren aber sofort zerplatzt als ich um die Ecke auf das „Familienerlebniszentrum“ Donaueschingens zusteuerte. Ein Badesee mit Badestrand, Kiosk und Restaurant waren an den Schalter für Neue angegliedert. Der Platz selbst war voll mit ganz jungen Menschen oder ganz alten. Ich war allein, so zu sagen. Zum einen natürlich wie ich das wollte, zum anderen umgeben von einer Altersgruppe, die gleichzeitig auch die Zielgruppe charakterisierte, falsch aufgehoben. Ich hab mich von diesem Gedanken wieder schnell losgesagt, aber er schockt natürlich zunächst. Kulturschock für mich.
Die Wiese für Zelter war netterweise direkt am Eigang abgegrenzt von den über neuntausend Wohnmobilen / Wohnwagen, die auf dem Rest des Platzes standen. Ich hab einfach nur mein Zelt aufgebaut und das war allein schon etwas schwierig , weil ich es bis jetzt nur einmal allein aufgebaut habe und das nicht unter Beobachtung von so vielen Menschen. Aufgebaut wars und Zack hatte ich meine Privatsphäre. Ich wollte meinen Gaskocher ausprobieren und schloß ihn an meine Gaskartusche an. Das hatte ich schon zu Hause geübt. Und mir guckte dabei keiner über die Schulter. Es gab weiße Bohnen in roter Sauce. Ich wechselte dabei einmal den Platz der Kocherei, an einen viel zu windigen Ort an einer Camping-Holz Bank, die wohl für alle da war ( kleine Kinder ). Das ganze gelang mir dann endlich an meinem Zelt auf der Wiese, direkt gegessen aus dem Edelstahlbecher. Bahh, aber ich hatte keine Lust noch mehr zu machen. Die Alternative wäre Tomatensuppe, Chinesische Nudelsuppe oder Schokoinstantpudding.
Der Tag für mich war vorbei und es folgte eine sehr kalte Nacht.