Euphorie

Wisst Ihr was das schöne ist? Ich lebe in einer Zeit, in einem Ort, wo ich mich frei entscheiden kann, was ich morgen zum Frühstück esse. Ob ich das Toast esse, was ich mir vor 2 Tagen gekauft habe oder mir Rührei mache oder beides. Ich kann mir aussuchen, ob ich früh aufstehe oder erst um 13:00 Uhr frühstücke. Ich kann auch raus gehen und mir Frühstück machen lassen. Ich kann drei mal am Tag frühstücken, wenn ich will.

Ich kann das weil ich eine Ausbildung hatte, die mich von der ersten Klasse an bis hierher gebracht hat. Ich habe mir gestern alte Zeugnisse aus der ersten und zweiten Klasse angesehen. Wiederkehrend stand darin, dass ich eigenständig bin und kreativ und nicht schlecht in Mathe. Ich hatte in der dritten Klasse ein „sehr gut“ in Religion. Gleichzeitig stand auch ab der 2. Klasse, dass ich mich nicht gut in das soziale Gefüge einbinde, weil ich oft eigene Ideen vom sozialen Zusammenleben habe. Ich weiß nicht mehr was damit gemeint war, nur vlt. dass ich kein Fußball-Fan war.

Und heute bin ich nach 13 Jahren Schule und 5 Jahren Uni soweit, dass ich mich dazu entscheiden kann, ob ich Ende April in eine größere Wohnung ziehen möchte. Mitten in Dortmund, einer Großstadt mit einer der besten Fußballmanschaften Europas. Das ist vlt. Ironie, aber auch eben die Freiheit zu tun, was ich möchte. Ich bin gerade euphorisch, ich weiß das. Aber auch das Gefühl kommt von irgendwo her und wenn es auch nicht absolut rational ist, so ist etwas so gutes in dieser Welt, dass ich sagen kann:

Ich bin glücklich.

Entkommen

Heute fiel mir ein netter Gedanke ein.

Es geht um das Gefühl entkommen zu wollen. Dieser Impuls tritt auf, wenn man in einem System steckt, dass man nicht verlassen kann. Diese Situation nicht verlassen zu können, kann viele Gründe haben. Der einfachste und vielleicht bekannteste Grund wäre Geld. Ein anderer Grund ist der Wunsch nicht einsam sein zu wollen. Früher war es wohl häufig die Angst um die eigene Gesundheit. In unserer Gesellschaft dürfte das aber nun wohl eher zur Ausnahme werden.

Aber ich möchte nicht über die spontanen Fluchtgedanken diskutieren. Mir geht es um ein unterschwelliges Gefühl, dass sich über das gesamte Leben hinweg aufbauen kann. Es hat mit dem System zu tun, dass über den Möglichkeiten steht, die uns eine Wahl lassen. So kann ich mir zum Beispiel aussuchen was ich esse, aber nicht das ich esse. Ich kann eine Person finden, mit der ich zusammen bin und ich kann auch allein sein, aber ich kann nicht noch mehr. Und damit möchte ich nicht auf die vielen Tabus oder gesellschaftlichen Zwänge eingehen, die dieses Beispiel insbesondere beinhaltet. Es geht um den Zwang zur Wahl. Selbst wenn wir nicht wählen, wählen wir.

Das System, in dem wir stecken, nenne ich mal abstrakt „Leben“. Wir können nicht anders als Leben. Alles was ist, lebt. Mit Ausnahme von einfachster Materie, ist doch alles, was tut gleich leben und wenn es mir um Entscheidungen oder simpler formuliert, sein geht, dann kann nur vom Leben gesprochen werden.

Oder vielleicht noch die einfachsten Kräfte die wirken, wie sie nun einmal wirken. Es gibt keinen Stein, der auf der Erde nach oben fallen würde. Ich gebe zu, dass es ein sehr krasses Beispiel ist, aber es veranschaulicht den nächsten Gedanken.

Wieso stört es uns nicht, dass der Stein nie nach oben fällt? In unserem alltäglichen Leben gibt es so viele gegebene Dinge, die mich nicht im geringsten Zweifeln lassen. Es wundert mich nicht und selbst der Gedanke an ein Gegenteil scheint so abwegig, dass ich mir ein Leben anders als jetzt nur schwer vorstellen kann.

Der Gedanke kommt ursprünglich von einem Computerspiel und einem Youtube-Video. In dem Video wurden kulturelle Gegebenheiten besprochen. So zum Beispiel das Alphabet, welches wir in eine absolute Ordnung gebracht haben. Es gibt dabei in den meisten Fällen kein erkennbares System. Das Computerspiel hat den Gedanken gebracht, dass wir, sobald wir merken, dass wir in einem geschlossenem System leben, versuchen diesem zu entkommen, selbst wenn wir keine Aussicht darauf haben, was überhaupt außerhalb des Systems existiert, besser oder anders ist.

Am einfachsten wäre es zu sagen, dass der Mangel an freier Entscheidung dazu führt, dass ein Mensch rebelliert, aber wie ist es in dem allgemeinem Fall „Leben“? Ich denke es gibt ein Paar Menschen die mit dem „Nicht“-Leben darauf antworten würden. Es wäre ein Versuch der Unfreiheit zu entkommen, aber zumindest soweit ich weiß, verliert man damit auf jeden Fall die Freiheiten, die man im Leben hatte. Es kommt also nicht dazu, dass wir mehr Freiheit gewinnen würden und damit einem Gefängnis entkommen.

Im Moment bin ich eher bei dem Ergebnis, dass ich mich frage, wieso mich ein System so dermaßen stören sollte. Das tut es, in den einfachsten fällen (s.oben „Stein fällt nach unten“) ja jetzt schon nicht. Aber wenn es mich stören würde, wieso möchte ich es ändern? Betrachtet auf greifbare Situationen wäre die Frage, wieso ich aus einer Art von Simulation entkommen möchte? Wenn ich nicht merken kann, was ich nicht tun kann, was für einen Unterschied würde es machen, diesem zu entkommen?

Es wird dann meist sehr abstrakt. Es ist der Wunsch nach Freiheit oder der Wunsch nach der Wahl, die wir sofort nicht haben, wenn man unsere Wahl einschränkt. Aber selbst dann wäre eine vollkommene Simulation, von der wir wüssten, dass sie nicht echt ist, so schlimm?

Es wäre doch nicht anders, als würde ich eine Brille aufsetzen, welche ein Bild der Welt zeigt, dass 0,1 Sekunden verzögert wäre. Ich würde es merken, es würde aber nichts ändern. Warum sollte ich also versuchen die Brille abzunehmen?

Der Zwang, die Sehnsucht, die Freiheit

Die Kenntnis darüber, dass mit den Menschen nicht geredet werden muss, selbst wenn sie einem gegenüber stehen, ist kein Trost mehr.

Der Zwang mit ihnen zu reden, erfolgt nicht mehr nur daraus, weil ich gelernt oder abgeschaut habe, dass ich es tun sollte, sondern aus dem Bedürfnis mit ihnen zu reden, weil sonst niemand mehr redet.

Das Reden wird aber, und das ist das Dilemma, zur Qual, sobald Angefangen wurde zu reden. Die Sehnsucht nach dem Reden entsteht aus der Freiheit es nicht zu tun.

Die Sehnsucht nach allem entsteht aus der Freiheit es nicht zu tun.

Sein

Es geht um den Frühlingswind,
den Du soeben in der Gasse gespürt hast.

Um das Recht ihn zu atmen.
Um das Recht, aufzustehen, schlafen zu gehen,
wann Du willst.
Um das Recht Deine Hände zu beschäftigen,
Deine ungefesselten Hände.
Um das Recht, Dich an einer Blume zu freuen,
wenn Du Dich je wieder freuen könntest.
Um das Recht zu leiden, wie keine von aussen
auferlegte Strafe Dich jemals leiden machen könnte.

Es geht um alles ungelebte, die tausend unnennbaren Dinge des Daseins, die in der Zukunft noch enthalten sind.

Es geht um Möglichkeiten, die Du spürst, aber die zu einfach sind, sie zu definieren, und die ein einziges Wort zusammenfasst:

Freiheit.

(aus: „Jedes Opfer tötet seinen Mörder (Arsenik)“, Claire Goll)

Vogelthese

Wenn ein Vogel fliegt , dann tut er das doch nicht so wie er es gerne möchte, sondern so wie die Luft, der atmosphärische Druck und die Winde ihm das vorgeben. Er kann zwar versuchen dagegen zu flattern oder halt so minimalen Auftrieb zu schaffen, aber allzu oft sieht man eine Möwe, die gerade so in der Luft steht, weil sie nicht anders kann und wenn ein Vogel Pech hat, dann wird es doch bestimmt schon mal vorgekommen sein, dass ein solcher in Regionen getragen wurde, in denen er selbst nicht mehr überleben kann.

Wie verhält es sich jetzt mit dem Mensch. Er geht , heute, auf Fußgängerwegen, Straßen oder generell auf vorgegebenen Strecken. Er nimmt aber trotzdem an, die Freiheit zu besitzen überall hingehen zu können. Ich möchte denjenigen sehen, der heute den Fußweg verlässt und über das Feld läuft um zu dem Baum zu kommen, den er schon immer gesehen, aber nie berührt hat.