Der Gott des Gemetzels

Es gibt keinen Gott des Gemetzels. Die Figur existiert nur als Metapher. In meinen Augen als Metapher für den Begriff von Hobbes nach dem der „Mensch dem Menschen ein Wolf“ sei. Nur wird er hart angewandt auf den einzelnen. Die Konsequenz daraus wird nicht betrachtet.

An den Gott des Gemetzels zu glauben, bedeutet Voraussetzungen zu erfüllen. So hat man in seinem Leben enttäuscht feststellen müssen, dass eine andere Moralvorstellung nicht praktisch anwendbar ist, weil man selbst nicht konform ist oder die meisten Menschen um einen. Die Praxis fällt magisch angezogen zurück auf diesen einen Punkt.

Ich selbst nehme an, dass dieser Punkt zweigeteilt ist. Der Scheideweg endet an dem Verzweifeln oder der Aggression. Beides sind mögliche Endpunkte der vorher beschriebenen Voraussetzungen. Oft zwingt einen das Leben selbst zur Aggression. Denn das Leben muss, da es sich selbst erhält, für einen Freiraum sorgen, der nicht durch Rückzug und Verinnerlichung erreicht werden kann. Das natürlichste auf der Welt, sorgt dafür dass sich der Gott des Gemetzels durchsetzen kann.

Das ist keine Schrift für oder gegen diese Idee. Der Schluss kann schon in dem Moment entkräftet werden, wo die Verzweiflung und die Aggression in Reihe und nicht mehr parallel betrachtet werden. Auch eine weitere Möglichkeit, wie die Gedankenlosigkeit, also das Ignorieren, würden den Schluss entkräften. Deshalb ist es nur ein kleiner Schritt in irgendeine Richtung.

Vorher = Nachher

Auch unter Kopfschmerz muss geschrieben werden.

Die Welt und all das was auf ihr ist, schwört einem
Gott ab. Sie braucht ihn nicht mehr, in dem Moment
wo es ihr so gut geht, dass es sie vergessen lässt,
wieso sie ihn einst erfand. Oft sogar wird absichtlich
vergessen.

An Gottes Stelle nimmt der Mensch selbst diesen
Platz ein. Das Ich wird zum Gott, welches gar göttlich
verehrt wird. Sein Jünger ist es selbst.

Aus den Menschen wird ein sich selbst liebendes Wesen.
Es unterscheidet sich nicht im geringsten von dem Zustand,
in dem es sich zuvor befand.

Tenebrae

Nah sind wir, Herr,
nahe und greifbar.

Gegriffen schon, Herr,
ineinander verkrallt, als wär
der Leib eines jeden von uns
dein Leib, Herr.

Bete, Herr,
bete zu uns,
wir sind nah.

Windschief gingen wir hin,
gingen wir hin, uns zu bücken
nach Mulde und Maar.

Zur Tränke gingen wir, Herr.

Es war Blut, es war,
was du vergossen, Herr.

Es glänzte.

Es warf uns dein Bild in die Augen, Herr.
Augen und Mund stehn so offen und leer, Herr.

Wir haben getrunken, Herr.
Das Blut und das Bild, das im Blut war, Herr.

Bete, Herr.
Wir sind nah.

-Paul Celan