Als du jung warst

Als du jung warst, gab es für alles eine Zeit und einen Ort.

Morgens kam deine Mutter oder dein Vater in dein Zimmer und schaltete das Licht an. Du bekamst das Frühstück und konntest mit deinen Schulsachen zur Schule gehen. Deine Mutter oder eine Nachbarin hat dich zur Schule begleitet.

Deine Mutter ging zu Freundinnen und dein Vater war arbeiten. Es gab um 14 Uhr oder so Mittagessen, wenn du aus der Schule kamst. Deine Freunde kamen manchmal mit und ihr habt alle zusammen gegessen. Danach konntet ihr zusammen spielen. Dein Vater kam von der Arbeit zurück und aß und lag auf dem Sofa im Wohnzimmer. Deine Freunde gingen um 18 oder 19 Uhr oder so. Wenn sie abgeholt wurden, konnten sie noch etwas länger bleiben, weil deine Mutter und die Mutter deiner Freunde noch miteinander geredet haben.

Abends dann gab es ein Abendessen und deine Mutter und dein Vater saßen zusammen mit dir am Tisch. Normalerweise gab es Brot und Aufschnitt auf dem Tisch und alle haben sich ihr Brot selbst gemacht. Abends dann bist du ins Bett gebracht worden. Das hast du allein gemacht. Manchmal hast du dann noch ein Hörspiel auf deinem Kassettenrekorder gehört. Dein Vater und deine Mutter haben noch Fern gesehen. Ganz manchmal, wenn du nicht einschlafen konntest, hast du dich in den Flur gesetzt um gerade eben, ohne dass dein Vater und deine Mutter es bemerken konnten, auf den Fernseher sehen zu können. Oft auch waren es die Geschichten und Geräusche von drüben, die dir geholfen haben einzuschlafen.

Das ist alles nicht mehr. Es gibt kein Aufstehen, kein Frühstück, keine Freunde, kein Abendessen, kein Hörspiel und kein Einschlafen. Es gibt das nicht mehr mit ihnen mit den Menschen. Die Menschen sind das wichtige. Das wichtigste ist, dass sie da sind.

4 Gedanken zu „Als du jung warst“

  1. Da geht es um mich. Aber ich glaube, dass das auch bei anderen so sein könnte. Verallgemeinert soll das aber nicht sein. Ich bin mir fast sicher, dass es noch solche Familien gibt.

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  2. Mit ‚uns‘ meinte ich die Erwachsenen im Allgemeinen.

    Das was du schreibst, berührt (mich). Ich denke, sehr viele junge Erwachsene kommen an einem Punkt, wo sie so wie du empfinden.

    Leider gibt es aber auch viele Kinder, die Sehnsucht nach dieser Behütung haben, aber nicht bekommen.

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